
Mobilität ohne Auto ist möglich – aber sinnlos, wenn niemand sie bündelt.
Mein Kommentar zur “Digital Business” Masterarbeit “Business Model von Mobility as a Service Plattformen – Analyse von Erfolgskriterien am Beispiel des österreichischen Mobilitätsmarktes”.
Die Zukunft der Mobilität hat längst begonnen – nur merkt es der durchschnittliche Pendler im Wiener Speckgürtel noch nicht. Während Elon Musk hyperloopen will und deutsche Verkehrsminister über E-Fuels philosophieren, entsteht abseits des medialen Lärms eine Revolution im Alltag: Mobility as a Service (MaaS). Ein Konzept, das verspricht, Mobilität wie Netflix zu denken – gebündelt, on demand, flexibel.
Doch wie so oft in der digitalen Transformation: Das Konzept ist brillant. Die Umsetzung? Ein verkehrspolitisches Murmelspiel.
Von der Fahrkarte zum Mobilitätsbundle: Der Kampf um die Schnittstelle
MaaS bedeutet: Du brauchst keinen Fahrplan, du brauchst eine App. Und in dieser App: Öffis, E-Scooter, Carsharing, Fernbus, Bike, Taxi – alles integriert, gebucht, bezahlt, gemonitort. Ein One-Stop-Shop für den Weg von A nach B, maßgeschneidert auf individuelle Bedürfnisse. Klingt nach Zukunft? Ist technisch schon heute möglich – nur die Realität hinkt mit Appstore-Bewertungen von 2,7 hinterher.
Was fehlt, ist nicht Software. Es ist Struktur, Schnittstelle, Strategie. Und genau hier setzt die zentrale Erkenntnis an: Ein MaaS-Geschäftsmodell funktioniert nur im Kontext. In Österreich etwa mit einem 1-2-3-Klimaticket im Hintergrund, einem föderalen Nahverkehrschaos im Vordergrund und datenschutzsensiblen Stakeholdern im Maschinenraum.
Der stille Krieg der Mobilitätsplattformen
Wer MaaS sagt, muss Macht mitdenken. Denn Plattform ist nicht gleich Plattform: Ist sie nur ein Informationsbroker – also eine hübsch verpackte ÖBB-Suchmaschine? Oder ein vollintegrierter Serviceanbieter, bei dem man vom Roller bis zur Regionalbahn alles in einem Rutsch buchen kann? Und wer kontrolliert die Daten, die Infrastruktur, den Zugang zum Kunden?
Google Maps wäre eigentlich schon fast eine MaaS-Plattform – wenn da nicht das kleine Detail fehlte: die europäische Souveränität. Die Frage ist also nicht nur, wie wir MaaS umsetzen, sondern wer es kontrolliert. MaaS ist kein Verkehrsprojekt – es ist Plattformpolitik.
Österreichs besondere Lage: Zwischen Ticketflatrate und App-Fragmentierung
Der österreichische Mobilitätsmarkt ist – freundlich formuliert – ein Labyrinth. Klimaticket hier, Verkehrsverbünde dort, Sharingdienste mit fünf verschiedenen Buchungsapps. Was fehlt: ein standardisierter, offener technischer Unterbau. Die ITS-Arbeitsgruppe „MaaS made in Austria“ hat immerhin ein schönes PDF mit 13 Handlungsempfehlungen erstellt. Problem: PDFs lösen keine Schnittstellenkonflikte.
Dabei wäre es so einfach: ein zentrales, neutrales Vertriebs-Gateway, in das sich alle Anbieter einklinken. Und ja – das wäre politisch unbequem. Aber disruptive Innovation war noch nie bequem.
Der Trend der Stunde: KI trifft MaaS
Was in der Arbeit noch zart angedeutet wurde, ist heute schon Realität: Künstliche Intelligenz verändert die Spielregeln. Von der personalisierten Reiseempfehlung bis zur dynamischen Preisgestaltung, vom Echtzeit-Crowdmanagement bis zur automatisierten Routenoptimierung – MaaS wird durch KI nicht nur smarter, sondern auch skalierbarer.
Warum das wichtig ist? Weil Mobilität ein Massengeschäft ist – und niemand wegen eines schlechter UX auf Carsharing umsteigt. Die Mobilitäts-App der Zukunft muss antizipieren, nicht nur reagieren. Sie muss wissen, wohin du willst – noch bevor du selbst darüber nachdenkst.
Fazit: Wer heute MaaS verschläft, wird morgen von Plattformen überrollt
Die eigentliche Frage ist nicht: Wie viele Verkehrsmittel passen in eine App? Sondern: Wie viel Steuerung, Vertrauen und Innovation passen in ein System, das Mobilität neu denken will? MaaS ist nicht die Digitalisierung des Fahrplans – es ist die digitale Evolution der Mobilitätslogik.
Credits
Digital Business Masterarbeit “Business Model von Mobility as a Service Plattformen – Analyse von Erfolgskriterien am Beispiel des österreichischen Mobilitätsmarktes” (Download)
Fachhochschule: Technikum Wien
Autor: Karin Fest
Begutachter*in: Sedat Büyükdemirci
Datum: 27.1.2021
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